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Zum dritten Male!

Überwältigender Sechstage-Erfolg deutscher Fahrer und Krafträder

BMW gewinnt internationale Trophäe, DKW die Silbervase und der DDAC den Club-Preis des Führers des deutschen Kraftfahrsportes.


Und wieder triumphierten deutsche Fahrer und Krafträder in der schwersten Zerreißprobe, die der Kraftradsport aller Länder kennt. Die 17. Internationale Sechstagefahrt zum dritten Male ein deutscher Sieg! Unsere Nationalmannschaft Henne, Stelzer und Kraus mit Beifahrer Josef Müller errang auf den neuen BMW-Kompressor-maschinen die Internationale Trophäe. Die DKW Mannschaft Geiss, Winkler und Kluge gewann mit 0 Punkten die Internationale Silber-Vase und damit zugleich eine der drei Großen Goldmedaillen der FJCM. Außerdem fiel auch der Preis des Führers des deutschen Kraftfahrsportes für die beste aller Clubmannschaften an Deutschland, und zwar an den DDAC, erkämpft durch die Mannschaft Steinberger, Seltsam und Schäffer auf BMW. Einen eindrucksvolleren und überzeugenderen Beweis deutscher Überlegenheit haben unsere Mannschaften und Maschinen bisher noch nicht zu erbringen vermocht. Es wird hierzu im nächsten Heft noch eine ausführliche Würdigung folgen. Im Anschluss an den Bericht in Heft 37 setzen wir zunächst die Berichterstattung über den Verlauf der Tagesetappen fort.
Die Schriftleitung

Der zweite Tag


Hatte schon der erste Fahrtag den allzu optimistischen Fahrern gezeigt, dass die Anforderungen selbst für große Könner eine außerordentliche Belastungsprobe darstellten, so bedeutete der zweite Tag in mancher Hinsicht noch eine Steigerung des ersten. Mit insgesamt 485 km, ferner einer Schnelligkeitsprüfung auf der Autobahn München-Holzkirchen sowie einer Hochleistungs-Geländeprüfung von 35 km Länge zwischen Böbing und Roßhaupten und der allerdings nicht gezeiteten Abfahrt auf der alten Oberjochstraße, waren genügend Voraussetzungen gegeben, dass sich von Kontrolle zu Kontrolle die Strafpunkte häuften.
Wieder in Oberstdorf beginnend, ging es diesmal über die Kontrollstellen Rettenberg, Markt Oberdorf, Rott, Starnberg, München (Flachprüfung), Mitterdarching, Taubenberg, Geretsried, St. Heinrich, Ammerbrücke, Roßhaupten (Geländeprüfung) Görisried, Oberjoch nach Oberstdorf zurück. Etwa zwei Drittel der Strecke mussten auf sehr schlechten Nebenstraßen zurückgelegt werden. Der verlangte Durchschnitt war angesichts dieser Wegverhältnisse wieder sehr hoch. Starke Steigungen und kurvenreiche Gefälle zwangen auf einigermaßen geraden Strecken immer wieder zum "Räubern".
Die siegreiche DDAC-Mannschaft wurde gestellt von der DDAC-Ortsgruppe München (früher ACM von 1903) des Gaues 10 Hochland. − Ein Foto dieser tüchtigen Mannschaft lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor, was so manchem Teilnehmer zum Verhängnis wurde.
Als die Fahrer die Autobahn erreichten, zeigte es sich, wer noch die nötige Überlegung für diese Strecke aufbrachte, die ja rücksichtsloses Aufdrehen gestattet. Nicht alle fanden gegenüber dieser Verlockung die erforderliche Widerstandskraft. So gab es hier einige festsitzende Kolben und ausgelaufene Lager. Leider ereignete sich auch ein schwerer Unfall, der Feldwebel Aßmann auf der kopfgesteuerten Zündapp betraf. Der Fahrer trug erhebliche Fleischwunden davon und schied aus. Neben weiteren Ausfällen durch Maschinenschäden mussten immerhin sechs Fahrer hier Strafpunkte einstecken, weil sie aus irgend welchen Gründen den verlangten Durchschnitt nicht zu halten vermochten.
Überraschenderweise schien die Geländeprüfung bei Roßhaupten den Fahrern weniger Schwierigkeiten zu machen, als man ursprünglich angenommen hat, ein Beweis jedenfalls dafür, dass Geländefahrten mit vernünftigem Durchschnitt für einen guten Fahrer unter Umständen weniger kritisch ist als lange Strecken mit hohem Durchschnitt auf Straßen dritter und vierter Ordnung. Jedenfalls holten sich hier nur Harrison (Ariel) einen und Pol Oberwachtmeister Luther vier Strafpunkte. Man kann sich natürlich denken, dass gerade an dieser Stelle ein Reifendefekt oder ein sonstiger kleiner Zwischenfall sich doppelt auswirken musste, da an ein Tempofahren in diesem Gelände kaum zu denken war.
Bei der Abfahrt auf der alten Oberjochstraße war deutlich zu beobachten, dass schon viele Maschinen Bremsschwierigkeiten hatten. Eine solche Steilabfahrt in geröllbedeckten Kurven erfordert weich und gleichmäßig anziehende Bremsen, da das geringste Blockieren hier unweigerlich zum Sturz führt. Hinzu kommt noch, dass 440 km Fahrt vorausgegangen war, deren Einwirkung wohl das sonstige Fingerspitzengefühl für die Bremsbedienung beeinträchtigt hatte.
Jedenfalls hat auch dieser Tag wieder seine Opfer gefordert. Es schieden insgesamt 26 Teilnehmer aus, so dass die Gesamtzahl der bisher Ausgefallenen auf 59 stieg. Wieder waren auch diesmal verschiedene Beiwagengespanne darunter, für die ja die Belastungsprobe besonders groß zu sein scheint. Man sieht schon viele Flickstellen an den Fahrgestellen dieser Maschinen, von denen nicht viele das Ende erleben dürften. Deutschland verlor an diesem Tage nicht weniger als 14 Fahrer, nämlich Scholz (BMW), Klopfer und Strauch auf der 100 ccm DKW, Bez. Feldw. Sichling (Herkules), Heiner Fleischmann (NSU), Dierks (Ardie), Rottf. Koepchen (DKW), Fähler (DKW), Heilmann (UT), von Krempelhuber (NSU), NSKK − Gr. F. Birkhofer (NSU), Haselbeck (Zündapp), Keck (BVM) und Feldw. Aßmann auf Zündapp. Von den Italienern gaben Canessa (BSU) und Roncon (Hanna) auf. Die Holländer verloren Bruggman (Bayliß Thomas) und Nagtefaal (Velocette), die Franzosen Gautier (Terrot), Narch (Peugeot) und Passet (Motorbécane), die Engländer Povey (BSU) und Cooke (Vincent HRD), während weiter noch der Schwede Hahr (Rudge) und der Ungar Kozma auf Zündapp ausfielen.
Von den Nationalmannschaften waren an diesem Tage nur noch die Deutschen und die Tschechen strafpunktfrei. Die Engländer haben einen, die Italiener zwei und die Franzosen durch den Ausfall Gautiers bereits 106 Strafpunkte. Von den Vasenteams waren an diesem Abend nur noch fünf strafpunktfrei, nämlich die A-Teams von Deutschland und der Tschechoslowakei sowie die B-Teams von England, Holland und Italien. Gesprengt sind die A-Teams von England, Frankreich, Ungarn und der Schweiz, sowie die Be-Teams von Frankreich und der Tschechoslowakei. Die übrigen haben einzelne Strafpunkte.

Der dritte Tag


Am dritten Tag hatten die Fahrer die erste Hälfte der großen Westschleife nach Titisee zurückzulegen. Mit rund 475 km stellte auch sie wieder eine Prüfung härtester Art dar, ging es doch diesmal von Oberstdorf nach Mitzen zur Bergprüfung, von da über die Kontrollstellen Kinbach, Fischbach, Espasingen, Tengen, Wittlekofen, Muchenland, Todtnauberg, Schönau, Freiburg auf den Schauinsland, wo die bekannte Rennstrecke wieder als Bergprüfung gezeitet wurde, um von da über Oberried und Falkensteig nach dem Tagesziel in Titisee zu gelangen, wo die Fahrer über Nacht blieben. Die Beobachtung der Fahrt ist für den Berichterstatter dadurch außerordentlich erschwert, dass nur unter Schwierigkeiten die Sonderprüfungsstrecken zu erreichen sind. Für die Wagen ist ein großer Teil der Straßen, über die der Wettbewerb fährt, und wegen ihrer Enge nicht befahrbar. Nur hin und wieder treffen die Berichterstatter mit den Fahrern zusammen, was allerdings selten genug vorkommt.
Trotzdem fehlt es nicht an Beobachtungen von entscheidender Bedeutung. In der Nähe des Bodensees kommt uns ein Gespann im Schlepp eines Wagens entgegen. Nanu, den Mann kennen wir doch! Es ist Bradley der Kapitän der englischen Mannschaft, dem beim Bruch der vorderen Kette Kettenzahnkranz und Ritzel entzwei gegangen sind. Traurig lässt er sich nach Hause schleppen. Englands zweifellos bester Mann hat diesmal kein Glück. Erhielt er schon bei der ersten Bergprüfung einen Strafpunkt, so sind nun alle Aussichten des englischen National-Teams endgültig vernichtet.
Eine neue Sensation! Auch das italienische National-Team ist durch seine Beiwagenmaschine gesprengt. Gilera auf Gilera muss aufgeben, womit auch für die Italiener der hoffnungslose Strafpunktsegen beginnt, denn jeder ausgefallene Mann einer Mannschaft zählt je Fahrtag 100 Punkte; so dass für die Italiener und Engländer bis zum sechsten Fahrtag allein schon durch die fehlenden Fahrer jeweils 400 Punkte fällig sein werden.
Am dritten Tage müssen auch die bis dahin strafpunktfreien Tschechen daran glauben. Bitwar auf Jawa vermag einige Reifendefekte nicht ganz aufzuholen und hat drei Punkte hinzunehmen, so dass nur noch Deutschland strafpunktfrei ist. Wir können uns aber über das Pech der anderen Nationalmannschaften nicht recht freuen, denn sie sind uns ein Zeichen dafür, wie unerhört schwer dieser Wettbewerb ist. Wir bangen um unsere Nationalmannschaft, ebenso wie wir um unsere strafpunktfreie Silbervasenmannschaft, das DKW-Team bangen.
Grund genug zu diesen Bedenken haben wir, denn am Tagesziel in Titisee empfängt uns die Nachricht, dass auch das Beiwagengespann unserer Nationalmannschaft, der BMW-Fahrer Kraus mit seinem Beifahrer Müller schwer gestürzt sind. Die Maschine überschlug sich, wobei Müller eine Gehirnerschütterung erlitt und Kraus eine Sehnenzerrung am Fuß sowie angeknackste Rippen zu beklagen hat. Man holte aus Freiburg noch Spezialärzte herbei und ließ den beiden Fahrern über Nacht jede erdenkliche Pflege zuteil werden. Ihre Weiterfahrt muss aber angesichts der Schwere der Fahrtbedingungen, die schon einem gesunden Mann das Letzte abverlangt, mit großer Sorge erfüllen. Es beginnt nun schon die Punktarithmetik in den Vordergrund zu treten. Wenn die Deutschen nur noch einen Tag durchhalten und die Tschechen usw., dann kann es vielleicht doch noch gut gehen.
Von den Veränderungen in den Nationalmannschaften haben wir bereits berichtet. Ausgeschieden sind am dritten Tage wieder 22 Fahrer, womit sich der Gesamtausfall auf 81 Maschinen erhöht. Strafpunktfrei blieben bis zu dieser Stunde 76 Teilnehmer, während nun schon 91 mit Strafpunkten belastet sind. Deutschland hat heute den Verlust von 13 weiteren Fahrern zu beklagen, nämlich Kahrmann (DKW) Füglein (Ardie), Bon (Puch), Bergdolt (NSU), Grp. F. Voigt (NSU), Gmelch (BMW), Woithon (DKW), Roese (BMW), Puls (Zündapp) Hain (NSU), Mundhenke (DKW), Schäfer (Viktoria) und Hoepfner (DKW). Bei den Engländern fielen außer Bradley (Sunbeam) noch Hall (Rudge), Heath (Ariel), Garth (Ariel) und Harmer (New Imperial) aus. Die Holländer verloren de Ridder (BSU) und Zuur (BMW), die Italiener ihren Nationalmann Gilera (Gilera) und die Belgier von der Schrick (FN).
Inzwischen ist natürlich auch unter den Fabrikmannschaften das "große Sterben" ausgebrochen. Trotzdem muss unter Berücksichtigung aller Umstände bewundert werden, dass immerhin noch vier Fabrikmannschaften strafpunktfrei sind, nämlich die deutsche BMW-Mannschaft, die ja gleichzeitig als Nationalmannschaft fährt, weiter die D-Mannschaft von DKW, die gleichlaufend als Silbervasenmannschaft gewertet wird. Ohne Punkte waren am Abend des dritten Tages weiter noch die Fabrikmannschaften von Puch und von Royal Enfield. Wir vermuten übrigens auch noch die deutsche Triumph-Mannschaft strafpunktfrei.
Das ist alles, was von 35 Fabrikmannschaften noch übrig gebelieben ist und dies, nachdem erst die halbe Strecke zurückgelegt ist. Von den sich um den preis des Führers des deutschen Kraftfahrsportes bewerbenden Clubmannschaften ist keine einzige mehr ganz strafpunktfrei.

Der vierte Tag


Mit Bangen sahen wir dem Start unserer Nationalmannschaft am Donnerstag in Titisee entgegen, wo im Morgengrauen die zweite Hälfte der großen Westschleife zurück nach Oberstdorf begann. Aber Kraus und Müller treten an. Mit Hilfe besonderer Verbände und medizinischer Kunstgriffe war es möglich, Kraus wieder in den Sattel und Müller in den Beiwagen zu bringen. Man muss sich vergegenwärtigen, was es für diese beiden Männer heißt, in diesem Zustande auf eine 495 km lange Reise zu gehen, die keineswegs leichter als die bisherigen Etappen ist. Die Gedanken aller deutschen Teilnehmer kreisen um diesen Brennpunkt Kraus-Müller. Werden es die beiden tapferen Fahrer schaffen können? Wird Kraus sein Gespann, das links Fußschaltung hat, mit seinem erheblich verletzten linken Fuß durch alle Fährnisse bringen können, wird Müller ihm als Beifahrer die nötige Hilfe zu leisten vermögen? All das sind bange, bange Fragen. Das Schicksal unserer Nationalmannschaft hängt an einem dünnen Faden. Körperlich und maschinell gut beisammen sind die Fahrer des bislang strafpunktfreien DKW-Silbervasenteams. Man darf wohl sagen, dass sich unsere sechs Kompressor-Rennmaschinen, die drei BMW’s und die drei 250 ccm DKW’s allen Unkenrufen zum Trotz bis hierher fabelhaft gehalten haben. Hier sei noch bemerkt, dass auch die englische Morgandreiradwagen mit Kompressor, noch lebt, wenn er auch schon Strafpunkte hinnehmen musste. Es scheint sich also doch zu bestätigen, dass man einen Kompressormotor so stabil bauen kann, dass er auch allerschwersten Tourenbelastungen gewachsen ist.
Offensichtlich bewahrheitet sich die altbekannte Erfahrung, dass den "Überlebenden" am vierten Tag alles "wurscht" zu werden beginnt. Sie freuen sich der warmen Sonne, die nach den ersten, jeweils bitter kalten Morgenstunden ihnen die Glieder wärmt, schimpfen zuweilen über den Staub und nehmen mit stoischer ruhe weitere Strafpunkte entgegen, wenn sie vorher schon damit versehen waren. Die Erregung steigt nur in dem Augenblick etwas an, wenn man feststellen muss, dass nun auch die Silberne oder gar schon die Bronzene "hin" sind.
Logisch ist, dass man nunmehr morgens kurz vor und auch nach dem Start immer größer werdende "Bauabteilungen" zu sehen bekommt. Auch die Maschinen sind schon samt und sonders müde geworden und die Spuren zahlloser Stürze ausnahmslos an allen Maschinen zu finden. Von "Rutschern" allein spricht schon keiner mehr. Nur vollständige Überschläge und Kopfstände finden noch Beachtung. Auf dieser Etappe macht auch Pepi Stelzer einmal einen tollen Purzelbaum. Aber unverändert läuft sein Motor weiter, und unverändert fährt der unverwüstliche Bayer seinen "Strich". Am besten ist von unserem Nationalteam bis jetzt noch Henne weggekommen, der übrigens einer der wenigen ist, die der Meinung sind, dass es ruhig noch etwas schlimmer kommen könne. Zu diesen Fahrern gehört Bemerkenswerterweise auch Miß Cottle, die mit ihrer 350er BSU in bewunderungswürdiger Weise fertig wird. Pech hatte heute morgen Miß Foley, die eine von den neuen kopfgesteuerten 500 ccm-Zündapp fährt. Es gelang ihr erst nach 32 Minuten, den Motor in Gang zu bringen, nachdem sie anscheinend vorher irgendwelche Fehler beim ersten Anlassversuch gemacht hatte. Ihre Kraft reichte zur Weiterfahrt nicht mehr aus, und so gab sie auf.
Bemerkt sei übrigens, dass dieses neueste Zündapp-Kind in dieser ersten Gewalterprobung wirkliches Pech hat. Alle bisherigen Ausfälle dieses Typs sind nämlich nicht auf Maschinenschäden sondern nur auf Stürze zurückzuführen, die meist die Fahrer außer Gefecht setzten. Sehr gut halten sich unter anderem auch die Maschinen von Ardie und Triumph, ebenso wie einige Victoria und Hercules noch dabei sind. Zu beurteilen, ob eine Bauart schwach oder stark ist, wird diesmal angesichts der hier ganz besonders gelagerten Verhältnisse kaum möglich sein, denn neben den Ausfällen einer Marke stehen wieder Beispiele von so ausgezeichnetem Stehvermögen, dass sich irgendwelche Schlüsse kaum ziehen lassen. NSU hat diesmal ebenfalls viel Pech, denn von den 350ern und 500ern sind einige durch Stürze und sonstige, nicht so wesentliche Gründe ausgefallen, während allerdings die kleine 250er, eine sonst schon gut erprobte Maschine, Schwierigkeiten mit dem neuen Vierganggetriebe hat. Alle Ausfälle dieses Typs hängen irgendwie mit dem Getriebe zusammen. Dass die kleinste DKW, die nur 98 ccm Hubraum hat, bei den hohen Durchschnitten, die von den 250ern verlangt werden, diesmal keine Aussichten haben würde, war von vornherein klar. Das spricht also keineswegs gegen diese brauchbare Konstruktion.
Zwei Bergprüfungen brachte dieser vierte Tag, nämlich bei Schönau und Kinbach-Geislehen. Sie hatte es wieder einmal gründlich in sich. Nicht weniger als 38 Fahrer holten sich im ersten Falle Strafpunkte, während immerhin 36 Bewerber im Schlussergebnis des vierten Tages einen oder mehrere Punkte hinnehmen mussten. Heute blieben nur noch 65 Fahrer strafpunktfrei, 83 sind mit Punkten belastet und nunmehr genau 100 ausgeschieden. Deutschland kam diesmal mit fünf Ausfällen noch gut weg. Sie betrafen Leipold (Triumph), Ernst (Zündapp), Ob.Felj. Menz (DKW), Söllner (Ardie) und Rührschneck (Triumph). Von den Engländern gaben Harrison (Ariel), White (Ariel), Clark (New Imperial), Greenwood (Rudge), Clarke (Vincent HRD), White (Ariel), Dr. Galloway (Rudge) und Miß Foley (Zündapp) auf. _Die Holländer verloren Hoogeveen (Velocette) und von Fürstenrecht (Panther), die Italiener dagegen Rebuglia (Mas) und Nocchi (Mas), während weiter noch der Ire Neates (Triumph) und der Tscheche Mucha (BSU) ausfielen. Hinzu kommt weiter noch der Engländer Cotterell (Ariel).
Von den Nationalmannschaften blieb nur noch Deutschland punktfrei, da auch Kraus und Müller den Tag überstanden haben. Die Tschechen haben sechs Strafpunkte, die Engländer 201, die Italiener 202 und die Franzosen 364. Von den Fabrikmannschaften sind BMW, DKW und Triumph noch strafpunktfrei, ebenso wie die Fabrikmannschaft von Puch und Ariel noch unbelastet sind. Im Preis des Korpsführers führt die DDAC-Mannschaft (Steinberger, Seltsam, Schäffer) auf BMW noch strafpunktfrei vor dem Utrechtschen Provinz Motor-Club (1 P.) und den Tschechen (3 P.). Hier schied heute übrigens der M.C. Zuid-Holland Gravenhage aus.
Die landschaftlich so wundervolle große Westschleife durch den Schwarzwald und längs des Bodensees hat an beiden Tagen wieder gründlich aufgeräumt und so eine weitere Auslese herbeigeführt. Wir wollen zufrieden sein, wenn der zehnte Teil aller Gestarteten das Ende strafpunktfrei erlebt, ein Ergebnis das wir noch niemals bei einer Sechstagefahrt erlebt haben. Eine besondere Freude hatten die deutschen Fahrer übrigens an diesem Tage, als der Präsident des DDAC Freiherr von Egloffstein ganz unerwartet auf eine 250 ccm NSU auftauchte, um wieder, wie im vorigen Jahre, seine Kameraden über eine längere Strecke zu begleiten. Auch DDAC-Sportpräsident Kroth, der ja von Giggenbach in einem BMW-Gespann gefahren wird, wird immer mit großem Hallo empfangen. Der Motorradfahrer merkt sich sehr wohl diese ihn auch sonst betreuenden Männer, die sich nichts schenken und seine Leistung und Strapazen aus eigener Anschauung kennen zu lernen versuchen.

Der fünfte Tag


Auf den ersten Blick mag so manchem Teilnehmer die 420 km-Strecke des fünften Tages leichter als die vorhergehenden erschienen sein, mit Ausnahme der Bergprüfung auf der Oberjoch-Straße bei Hindelang. Vor dieser Sonderprüfung hatten die Fahrer samt und sonders Respekt, da besonders der Durchschnitt für die großen Maschinen verhältnismäßig hoch lag. Das Ergebnis dieser Sonderprüfung war denn auch entsprechend: Nicht weniger als 42 Fahrer konnten hier ihre Sollzeit nicht erreichen. Dass die Zeiten aber zu schaffen waren, bewies wieder einmal DDAC-Präsident Freiherr von Egloffstein, der diesen Berg zum ersten Male fuhr und auf Anhieb 34 Sekunden unter der Sollzeit der 250 ccm −Klasse blieb. Übersehen werden darf allerdings nicht, dass viele Fahrer gerade von dieser Prüfung durch die Erzählungen anderer kopfscheu gemacht worden waren. Auch waren schließlich die Bremsen nach vier anstrengenden Tagen vielfach nicht mehr vollwertig. Vom Oberjoch aus ging die Strecke weiter über die Kontrollstellen Moosbach, Gibratshofen, Oberstaufen, Scheidegg, Herben, Karsee, Ratzenried, Isny, Eschach und Immenstadt zurück nach Oberstdorf, und wieder half den Fahrern das warme Spätsommerwetter außerordentlich.
Die Hoffnung steigt, die Fahrt noch trocken unter Dach und Fach zu bringen. Im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses steht nach wie vor die deutsche Nationalmannschaft. Stelzer hat seinen Sturz vom Vortag gut überstanden. Kraus und sein Beifahrer Müller scheinen tatsächlich durchzuhalten. Dieses stille Heldentum findet auch bei den ausländischen Sportkameraden neidlose Bewunderung. Jedenfalls freute sich alles ehrlich, als die beiden auch den fünften Tag strafpunktlos überstanden, so dass die deutsche Nationalmannschaft unverändert im Kampf um die internationale Trophäe an der Spitze steht.
Die hier an zweiter Stelle liegenden Tschechen mussten heute weitere Punkte hinnehmen, darunter auch am Oberjoch, so dass sie nunmehr mit insgesamt 21 Punkten belastet sind. Italien liegt nunmehr mit 300 Punkten auf dem dritten Platz vor England mit 301 und Frankreich mit 464 Punkten.
Einen bösen Zwischenfall gab es für unsere bisher strafpunktfrei an der Spitze liegende DKW-Mannschaft im Kampf um die Silbervase. Winkler stürzte und brach sich dabei eine Zehe. Man wollte ihn schon zum aufgeben veranlassen. Nach längerem Hin und Her gab ihm ein deutscher Fahrer seinen Stiefel, der um fünf Nummern größer als der Winklers war. Der andere musste nun zwar an einem Bein unbeschuht weiterfahren, aber Winkler brachte doch noch die einzigartige Leistung zuwege, in diesem Zustand die verlorenen zwanzig Minuten wieder aufzuholen und strafpunktrei das Tagesziel zu erreichen. Damit liegt Deutschland auch in diesem Wettbewerb noch an der spitze. Aber wieder liegen hier an zweiter Stelle die Tschechen mit 17 Punkten, so dass also vom Durchhalten jedes einzelnen Deutschen auch in der Silbervasenmannschaft alles abhängt. Sämtliche noch übrig gebliebenen Vasen-Mannschaften haben den Verlust eines oder mehrerer Mannschaftsmitglieder zu beklagen, so dass hier die Strafpunkte schon dreistellige Zahlen ausmachen.
Leider ist unter den Fabrikmannschaften nunmehr auch die deutsche Triumph-Mannschaft gesprengt worden, so dass nur noch das DKW- und BMW-Team strafpunktfrei im Wettbewerb bleibt, während es noch den Mannschaften von Puch und Royal Enfield gelang, punktfrei auch den fünften Tag zu überstehen. Alle anderen 31 Mannschaften sind in dieser Wertung somit ausgefallen.
Eine Änderung gab es übrigens auch in Mannschaftswettbewerb um den Preis des Führers des deutschen Kraftfahrsportes. Hier lag bislang die deutsche DDAC-Mannschaft Steinberger, Seltsam und Schäffer auf 730 ccm-BMW-Maschinen strafpunktfrei an der Spitze. Nun hat aber auch diese Mannschaft fünf Strafpunkte hinnehmen müssen. Da aber dem bisher mit einem Punkt an zweiter Stelle liegenden Utrechtsche Provinz Motor-Club insgesamt sechs Strafpunkte am fünften Tage aufgebrummt werden mussten, so dass er nunmehr sieben Punkte hat, bleibt die Reihenfolge unverändert, denn den dritten Platz hält nach wie vor der tschechische Jawa-Club mit 17 Punkten, während alle übrigen Wettbewerber um diesen Preis bereits über 200 bis 920 Punkte haben.
Am Abend des fünften Tages liegen also drei deutsche Mannschaften in allen drei Wettbewerben einwandfrei an der Spitze. Ausgeschieden waren an diesem Tage 16 Fahrer, insgesamt also 116. Ferner liegen noch 55 Fahrer strafpunktfrei im Wettbewerb, während 77 noch mitfahrende Teilnehmer mehr oder weniger mit Strafpunkten belastet sind. Als ausgefallen gemeldet wurden die deutschen Fahrer Kussin jr. (Triumph), Jungk (Puch), Näther (DKW), Steinicke (DKW) Beckhusen (NSU) Rehfeld (BMW) Weith (NSU), Zimmermann (BMW) und Lohmann (Zündapp). Die Italiener verloren Vailati (CM), die Holländer Roell (Eysink). Von den Engländern schieden Preen (Triumph), Williams (Norton), McGregor (Rudge), Edward (Ariel) und leider auch Miß Cottle (BSU) aus, die sich bis dahin bewunderungswürdig gehalten hatte.
Zieht man die Summe dieses vorletzten Fahrtages, so ergibt sich, dass er an und für sich weniger Ausfälle als Strafpunkte gebracht hat. Man kann immer damit rechnen, dass der größte Teil der Maschinen, die bis zum vierten Tage durchkamen, auch bis zum Ende durchzustehen vermögen. Der Ausblick, nunmehr bald ein Ende aller Mühen und Plagen zu sehen, wirkt auf die Fahrer belebend. Allerdings ist immer noch damit zu rechnen, dass nunmehr diejenigen Fahrer noch das Geschick ereilt, die bislang ohne Reifendefekte durchzukommen vermochten.
Leider ist an diesem Tage auch ein englischer Fahrer, Allen, einem schweren Unfall zum Opfer gefallen. Nachdem er bereits am ersten Fahrtage ausgeschieden war, hatte er seine Maschine zur Heimfahrt wieder instand gesetzt. In der Nähe von Hindelang stieß er dann leider mit einem deutschen Motorradfahrer zusammen, der seine Schwester auf dem Soziussattel hatte. Bei dem fürchterlichen Zusammenfall waren alle drei Beteiligten sofort tot. Es sei aber ausdrücklich bemerkt, dass die ums Leben gekommenen nichts bzw. im Falle des Engländers nichts mehr mit der Fahrt zu tun hatten, so dass dieser Unfall lediglich als Verkehrsunfall zu werten ist, der nicht auf dem Konto der Sechstagefahrt angerechnet werden darf.

Der sechste Tag


Trübe begann der sechste und letzte Fahrtag, der noch einmal 250 km über schlechte Straßen brachte und von Oberstdorf über die Kontrollstationen Sigishofen, Kranzegg (mit gezeiteter Bergprüfung), sowie Peterstal, Markt Oberdorf, Lengenfeld, Bernbeuren und Füssen zum dortigen Straßendreieck führte, wo die abschließende Schnelligkeitsprüfung stattfinden sollte.
Auf dieser kurzen Strecke fielen nur noch zwei Fahrer aus, nämlich der Engländer Flook (BSU) durch Sturz, während der Deutsche Köhler (DKW) ebenfalls nicht mehr die Zielkontrolle in Füssen erreichte. Lähmendes Entsetzen verbreitete sich aber unter den deutschen Sportfreunden als in Füssen bekannt wurde, dass der Angehörige der deutschen Nationalmannschaft Stelzer unterwegs beim Ausweichen vor einer Katze gestürzt war und längere Zeit bewusstlos gelegen hatte. Deutsche Fahrer, die ihn fanden brachten ihn wieder auf die Beine und bewogen den völlig Benommenen, die Fahr wieder aufzunehmen. Und "unser Pepi" schaffte es doch noch, aber die deutsche Mannschaft war nun nicht mehr strafpunktfrei und durch dieses Pech mit 25 Punkten hinter die tschechische Nationalmannschaft zurückgefallen, die bis zur Füssener Schnelligkeitsprüfung nur 22 Punkte erhalten hatte.
Damit war nach menschlichem Ermessen die internationale Trophäe für Deutschland noch im letzten Augenblick verloren gegangen, denn die Tschechen brauchten nur noch den verlangten Durchschnitt ihrer Klassen in der Schnelligkeitsprüfung zu halten, da die größere Schnelligkeit einer Mannschaft ja nur bei Punktgleichheit entscheidet. Die Stimmung unter den Deutschen war daher bei Beginn der Schlussprüfung begreiflicherweise sehr geknickt, und selbst die Aussicht, dass das deutsche Silbervasen-Team mit den DKW-Fahrern Geiss, Kluge und Winkler dank der heroischen Selbstüberwindung von Winkler noch strafpunktfrei geblieben war und somit die Silbervase ziemlich sicher in der Tasche hatte, ebenso wie auch die offizielle DDAC-Mannschaft Steinberger, Seltsam und Schäffer auf 730 ccm-BMW-Maschinen ebenfalls einen großen Punktvorsprung vor allen übrigen Bewerbern um den Preis des Führers des deutschen Kraftfahrsportes hatte, vermochte hier kaum zu trösten.
Aber man soll nie zu früh klagen. Um zehn Uhr vormittags schienen wir die Trophäe verloren zu haben, und der Himmel blickte trübe. Um sechs Uhr nachmittags lachte die Sonne wieder, und Deutschland hatte die 17. Internationale Sechstagefahrt gewonnen, hatte den beiden Siegen in den letzten Jahren den dritten hinzugefügt. Mit einer unvergleichlichen Geschwindigkeit rasten die drei Kompressormaschinen von BMW unter Henne, Stelzer und Kraus mit Müller im Seitenwagen dahin, gleichmäßig wie Uhrwerke laufend und alles andere weit inter sich lassend. Man merkte es den vieren an, wenn sie schon untergehen sollten, dann wollten sie auch in Ehren untergehen.
Aber es kam wieder einmal ganz anders. Schon gleich zu Anfang zeigte es sich, dass die Seitenwagenmaschine der tschechischen Nationalmannschaft nur ganz knapp das geforderte Tempo würde halten können. Und in der vierten Runde ereilte die wackeren Tschechen dann ihr Schicksal. Die 350 ccm-Jawa-Bitvars, die schon zu Anfang der Schlussprüfung bedenkliche Geräusche von sich gegeben hatte, blieb schließlich stehen, nachdem sie immer langsamer geworden war. Der Motor war zusammengebrochen und hatte nach der sechstägigen Gewaltprobe nicht mehr das rücksichtslose Aufdrehen auf dem Füssener Straßendreieck vertragen. Und damit verloren die Tschechen die Trophäe wieder an Deutschland, nachdem sie sich am Vormittag schon als sichere Sieger gefühlt hatten.
Man kann sich denken, dass die deutsche Nationalmannschaft ihre letzten Runden unter dem tosenden Jubel von Tausenden von Zuschauern fuhr, die das Füssener Straßendreieck umsäumten. Die Ehrenrunde gestaltete sich zu einer einzigartigen Triumphfahrt, und beim Einfahren auf den Parkplatz wurden die tapferen Fahrer von der begeisterten Menge fast in Stücke gerissen.
Keineswegs geringer war aber der Beifall, den das deutsche Silbervasen-Team erhielt. Die drei DKW-Fahrer hielten sich, da sie nur ihren Durchschnitt zu halten hatten, während ihrer neun Runden dicht beisammen. Auch ihre Maschinen − handelt sich um das Ladepumpenmodell, als ebenfalls um Kompressormotoren − überstanden diese letzte Probe ohne einen einzigen Aussetzer. Damit dürfte der Kompressorgedanke in der Tourenmaschine einen vollkommenen Sieg gefeiert haben, wie überhaupt die deutsche Kraftradindustrie auf diesen Gesamterfolg stolz sein kann.
Und eine dritte große Freude bescherte uns dieser noch zum Schluss so gut ausgegangen Tag, nämlich den Sieg der DDAC-mannschaft im Wettbewerb um den Preis des Korpsführers Hühnlein. Auch dieser Preis, der im Vorjahre zum ersten Male ausgefahren und von den Dubliner Studenten gewonnen wurde, ging diesmal in deutsche Hände. Überzeugender kann man also wirklich nicht siegen. Zu beachten ist dabei besonders, dass die BMW-Maschinen des DDAC-Teams keineswegs mehr neu waren, haben sie doch alle schon Zehntausende von Dienstkilometern hinter sich, was diesen Erfolg eigentlich noch wertvoller erscheinen lässt.
Nicht unerwähnt soll hier bleiben, dass eine deutsche Frau, Ilse Thouret auf DKW, als einzige der weiblichen Teilnehmer diese unerhörte Gewaltprobe überstand und die Silberne Medaille mit nach Hause nehmen konnte. Über das Glück und Pech der anderen deutschen Fahrer und Maschinen ebenso wie unserer ausländischen Gäste wird noch einiges zu hören sein, denn dieser überwältigende deutsche Sieg in der schwersten Sechstagefahrt, die je ausgetragen wurde, kann auf den ersten Blick nicht in seinem ganzen Umfang erfasst werden.
Nachzutragen bliebe für den letzten Tag noch, dass insgesamt acht Fahrer sich Strafpunkte auf der Strecke holten, während 27 weiteren Fahrern die abschließende Schnelligkeitsprüfung zum Verhängnis wurde.
H. Hrch. Dienstbach


Ergebnisse der Sechstagefahrt

......

Internationale Silbervase:

1. Deutschland A-Team, Fahrer Geiss, Winkler, Kluge, alle auf 250 ccm-Ladepumpen-DKW mit 0 Punkten

Außer Wertung:
2. Tschechoslowakei A-Team mit 61 Punkten
3. Italien B-Team mit 204 Punkten
4. Holland B-Team mit 300 Punkten

Große Goldmedaillen der FJCM für strafpunktfreie Fabrikmannschaften:

Deutschland mit Auto Union-DKW-D-Team (Fahrer: Geiss, Kluge und Winkler)
Deutschland mit Puch-Team (Fahrer: Stolze, Stumfoll und Günther
England mit Royal Enfield-Team (Fahrer: Stewart, Thacker und Bermaak)
Alle übrigen 32 Mannschaften sind ausgeschieden.

In:Motorwelt - die illustrierte Wochenschrift des DDAC,9/1935



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