Hockenheimer Geschichten
Vor 60 Jahren: Internationales Motorradrennen Hockenheim
Der "kleine" Geiss ganz groß
Wie ein Blick auf den Organisationsstab von 1935 zeigt, waren die politischen
Veränderungen in Deutschland auch an Hockenheim nicht spurlos vorübergegangen.
Nach Abschluss der Gleichschaltungspolitik hatte sich der Hockenheimer Motorfahrer
Club dem Nationalsozialistischen Kraftfahrer Korps angeschlossen.
Was zur Folge hatte, dass ab 1934 das NSKK für Absperrung und Sanitätsdienst
zuständig war, während der ebenfalls neugegründete DDAC (Der Deutsche Automobil Club)
im Auftrag der ONS sich um die sportliche Durchführung kümmerte. Weiterhin wechselte
die Position des Rennleiters: Martin Kastner musste gehen, und an seine Stelle traten
von 1935 bis 1938 Dr. Stüber (DDAC), F. König (DDAC) und F. Dienemann (NSKK
Motorgruppe Kurpfalz-Saar).
Der Zeitplan des 5. Hockenheimer Rennens begann im Sinne des neuen Systems:
8.30 Uhr
Flaggenparade: Ein Ehrensturm des NSKK war angetreten, um auf Kommando die Flaggen
des "neuen Deutschland" am Fahnenmast emporzuziehen.
9.00 Uhr
Erster Start unter Verwendung einer neu installierten Ampelanlage. Bei "grün" schoben
die Ausweisfahrer ihre Maschinen an. Im Feld der 500er siegte wie im Vorjahr der junge
J. Metzmeier.
Bei den 350ern ließ erstmals Heiner Fleischmann aufhorchen, der sich anschickte, in die
Fußstapfen seines schon berühmten Bruders zu treten. Inder kleinen Klasse setzte sich
eine DKW mit dem Zschopauer Klopfer durch.
11.00 Uhr
Der absolute Streckenrekord für Seitenwagen (bisher Schneider) wurde von Braun/Badsching
auf Horex ausgelöscht. Die schnellste Runde (119,3 kg/h) ging an Hans Schumann/NSU, der
nach einem Kerzenwechsel dem Feld nachjagte und Willi Ehrlenbruch noch um Reifenbreite
auf den zweiten Platz verwies.
13.00 Uhr
Wieder feierte das Publikum den kleinen Hockenheimer Arthur Geiss wegen seiner
begeisternden Fahrweise auf der 250er DKW. Obwohl er eine Minute nach den 350er
Maschinen gestartet war, konnte er mit Ausnahme der beiden NSU-Werksfahrer Mellors
und Mellmann sämtliche vor ihm liegende Konkurrenten überholen und die schnellste Zeit
dieses Rennens herausfahren. Mit 131,1 kg/h kam er fast an den absoluten Vorjahresrekord
heran, der auf 131,7 kg/h stand. Kein Wunder , dass er sich in dieser Form am Ende des
Jahres auch den Europameister-Titel holte. Der Engländer Ted Mellors, der erst in
der letzten Runde an seinem mit technischen Problemen kämpfenden Stallgefährten
Mellmann vorbei gekommen war, erreichte dagegen als Sieger des 350er Rennens nur
130,2 kg/h.
14.00 Uhr
Der Rundenrekord von Schumann war nicht von langer Dauer. Im Rennen der kleinen
Seitenwagenklasse erzielte Hans Kahrmann in der fünften Runde auf DKW eine Bestzeit
von 120,5 kg/h und siegte, ohne jedoch den Gesamtdurchschnitt von Braun zu erreichen.
Quelle: unbekannt, 1995
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